Warnsignale

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Sowohl für Bauern als auch verarbeitende Betriebe der Milch- und Fleischbranche war 2019 ein schwieriges Jahr. Einmal mehr wird ein gesamtgesellschaftliches Umdenken gefordert. Doch wie könnten neue Rahmenbedingungen aussehen?

Österreichs Bauern auf den Barrikaden – Konsument wo bist du?“ ließ der Verein „Land schafft Leben“ in einer Aussendung an Journalisten Ende Februar verlautbaren. Anlass waren die europäischen Proteste der Milchbauern. Vereins­obmann Hannes Royer sieht darin ein ernstzunehmendes Warnsignal, das nicht nur den Handel wachrütteln sollte: „Wenn wir weiterhin Lebensmittel aus Österreich konsumieren wollen, müssen wir uns wieder als Teil ein und desselben Systems betrachten. Dazu gehören Bauern, Verarbeiter, Handel, Tourismus und Konsumenten“, so Royer: „Es geht dabei nicht um eine reine Preisdebatte sondern um ein Überdenken unserer Werte und dessen, was ein partnerschaftliches Miteinander ausmacht.“

Zukunft?

Aber nicht nur die Milch-, auch die Fleischbranche schlägt Alarm. Die LK Oberösterreich berichtet, dass die Selbstversorgung im Schweinefleischbereich hierzulande womöglich bald Vergangenheit ist. Damit wäre Österreich in einem weit höheren Maße auf Importe angewiesen und die landwirtschaftlichen Betriebe gingen verloren – irreversibel, wie Beispiele aus Europa zeigen. Genannt sind etwa Schweden oder Finnland, die eine ähnlich strukturierte Landwirtschaft wie hierzulande hatten – vor 25 Jahren noch Eigenversorger bei Schweinefleisch, wurde diese Quote seitdem auf ca. 50% reduziert. Übrig geblieben sind nicht die bäuerlichen Familienbetriebe, sondern wenige, neu aufgebaute industrialisierte Schweineanlagen.

Schweinepest.

Teil der Dynamik ist der LEH, der offenbar viel zu spät und nur unzureichend gestiegene Rohstoffpreise abgilt. Drastisches Beispiel war der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in China, wo der halbe Bestand gekeult wurde – also etwa 200 Mio. von 400 Mio. Tieren. Um diese Verluste auszugleichen, ging man auf Einkaufstour, u.a. in Europa. Die logische Folge: steigende Börsenpreise, die den Bauern zwar eine dringend benötigte Preiserhöhung brachte, aber die Fleisch- und Wurstwarenhersteller unter Druck setzte. Der Peak der ASP ist in China übrigens noch nicht erreicht, so Anka Lorencz (WKO-GF Bundesinnung der Lebensmittelgewerbe). Der wird erst in der zweiten Hälfte 2020 erwartet.

Lösung.

Karl Schmiedbauer, Obmann Fleisch­industrieverband

„Wir werden eine neue Gesprächskultur brauchen“, ist Karl Schmiedbauer, Obmann des Verbandes der Fleischwarenindustrie überzeugt. „Wir müssen rasch verhandeln, das kann nicht auf die lange Bank geschoben werden. Betriebe kämpfen schließlich ums Überleben und darum, ein fairer Partner für den Handel zu sein. Und das sind wir auch“. Eine Lösungsmöglichkeit wäre ein Preisraster anstatt individueller Gespräche u.a. bei starken Rohstoffpreisschwankungen. So wird dies im Backwarenbereich gehandhabt, wo Preissprünge bei Mehl automatische Preisanpassungen ermöglichen. Allerdings, so Schmiedbauer, ist dies im Fleischsektor freilich ungleich schwieriger, da verschiedene Teilstücke unterschiedlich kosten.

No Problem.

Für den Handel selbst ist die Situation auch nicht einfach. Werden Preise erhöht, droht ein Abwandern der Konsumenten. Für die Spar ist ein Preisraster aufgrund der oben genannten Problematik nicht anwendbar. Anlass für eine neue Gesprächskultur sieht Pressesprecherin Nicole Berkmann nicht, „da wir mit unseren Partnern im Fleischbereich durchwegs eine gute Gesprächskultur haben.“ Auch die Rewe fühlt sich auf PRODUKT-Nachfrage nicht angesprochen. „Es ist uns wichtig, diese gute Gesprächskultur aufrecht zu erhalten. Die Rewe International AG orientiert sich bei der Preisgestaltung an den Basispreisen der Schweine- und Rinderbörse. Treten Preiserhöhungen oder Senkungen auf, pflegen wir den direkten Austausch mit unseren Lieferanten“, so Pressesprecher Paul Pöttschacher.