Die Sinnfrage

Harry Doucha, Eigentümer von Habesohn & Doucha – Agentur für Markenerfolg

Über unser Heft-Thema „Purpose – Marken machen Sinn“ haben wir mit Harry Doucha, Eigentümer von Habesohn & Doucha – Agentur für Markenerfolg, gesprochen. Und festgestellt: Den Purpose, also die sinnstiftende Basis einer Marke, zu bestimmen ist das eine, ihn lebendig und spürbar zu machen, das andere.

 

 

PRODUKT: Unser Heft-Thema lautet: „Purpose – Marken machen Sinn“. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Satz ein?
Doucha: Der „Purpose“ war 2018 ein „Must-have“. Viele Unternehmen suchten nach dem Sinn ihres Daseins und nach dem großen Anliegen, das ihre Marke differenzieren sollte. Es war in gewisser Art und Weise eine Mode sich einen Purpose zuzulegen. Ob es dann wirklich das große Anliegen geworden ist, was Unternehmen herausgearbeitet haben, sei mal dahingestellt. Wichtig war aber, über den Sinn und das sinnstiftende Handeln von Marken nachzudenken.

PRODUKT: Wie kann Purpose-Marketing konkret aussehen?
Doucha: Ich sehe ein großes Potential darin, wenn Marken nach ihrem Purpose handeln und ihn in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation nach außen wie auch nach innen stellen. Wichtig erscheint mir dabei, die einzelnen Elemente dieses Anliegens zum Leben zu erwecken. Nicht nur einen schön formulierten Satz zu kreieren, sondern den Inhalt auch im Detail zu definieren. Ein Purpose muss leben – zumindest entwickeln wir „lebendige“ Anliegen einer Marke.

PRODUKT: Aktuell sind insbes. Nachhaltigkeits- und Diversity-Themen gemeint, wenn man von Purpose-Kampagnen spricht – welche besonderen Herausforderungen bergen diese? 
Doucha: Die Gefahr lauert in der Ernsthaftigkeit und dem sinnstiftenden Einsatz von Purpose-Kampagnen. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich meinen Kunden gar keine Kampagne für einen Purpose aufsetzen würde. Der Purpose muss immer und überall spürbar sein. Auch in jeder Produkt-Kampagne. Das kann man schaffen, wenn man will. Dazu gibt es wieder Kreative, die auf Basis eines gut definierten Purpose diesen auch in die Konzeption miteinbringen. Ein Beispiel: Wenn man zum Thema Vielfalt und Gleichberechtigung als größtes österreichisches Transportunternehmen ein homosexuelles Paar, bestehend aus einem schwarzen und einem weißen Mann mit einem Baby am Arm, auf Plakate druckt, könnte das als eher platt und wenig kreativ wahrgenommen werden. Ich schätze das Unternehmen auch als offen und modern ein, aber aus meiner Sicht kann man diesen Purpose weit besser kampagnisieren.

PRODUKT: Der Purpose einer Marke kann aber auch ganz etwas Anderes als Nachhaltigkeit sein. Wie eruiert man ihn in der Praxis am besten?
Doucha: Ich spreche gerne über die „Spitzenleistungen“, die ein Unternehmen ausmacht. Wenn man diese definiert, dann ist man dem Purpose schon einen großen Schritt näher. Eine praktische Hilfe ist der Golden Circle von Simon Sinek, wo man sich die Fragen stellt: What? How? Why? Im Why steckt dann der Purpose. Zumindest öffnet es den Weg zu einer ersten Definition, an der man dann weiterarbeiten kann. Wir wenden hier das Wissen aus dem Neuromarketing an und bedienen uns der Methode des Service Design, um in die Tiefe zu gehen. Wir stellen viele systemische Fragen in die Vision einer Marke. Mit Bildern dieser Vision lernen wir sehr schnell das System einer Marke kennen und was die differenzierenden Faktoren sind.

PRODUKT: Ganz abgesehen vom Sinn & Zweck, den Marken als ihren Purpose definieren – warum machen Hersteller-Marken generell Sinn in unserer Gesellschaft? 
Doucha: Marken sind die Summe aller Spitzenleistungen eines Unternehmens und treiben Innovation und Wirtschaft an. Sie belohnen uns mit Gefühlen, die uns von anderen differenzieren. Auch Handelsmarken tun das zum Teil. Also wer eine Diskonter-Marke kauft, bekommt meist das Gefühl von Funktionalität, Effizienz und Sparsamkeit. Er unterstützt mit diesem Handeln allerdings nur wenig die heimische Wirtschaft und die Weiterentwicklung von Produkten. Je besser Marken ihr Anliegen auf den Punkt bringen, desto eher werden sie für diese Einstellung auch gekauft werden. Dann lernen wir Konsumenten auch zu verstehen, warum Marken einen Wert haben und nicht nur billig sein müssen.

PRODUKT: Danke für das Gespräch!