Differenzierter

Norbert Marcher, Geschäftsführer Unternehmensgruppe Marcher Fleischwerke

Norbert Marcher, Geschäftsführer Unternehmensgruppe Marcher Fleischwerke, erzählt im Gespräch, warum aus seiner Sicht sowohl Produkte mit Fleisch als auch Ersatzprodukte ihre Berechtigung haben. Und warum beides in der Marcher Gruppe seinen Platz hat.

Vegan und klassisch –
bei der Marcher Gruppe findet man beides.

PRODUKT: Die Marcher Gruppe steht für Marken wie „Landhof“ und „Loidl“, aber auch „die Ohne“ – warum bzw. wie funktioniert traditionell & vegan in einem Unternehmen?
Marcher:
Mit unseren Marken verfolgen wir eine vielseitige Strategie, um verschiedene Marktsegmente anzusprechen. Unsere Fleisch-Produkte repräsentieren bewährte Handwerkskunst, während „die Ohne“ als Innovationsmarke Vorreiter in der Entwicklung und Herstellung von Fleischalternativen ist. Unser Ziel ist es, mit unseren fleischlosen Alternativen eine attraktive Ergänzung zu unserem Wurstsortiment für all jene zu bieten, die aus welchen Gründen auch immer auf Fleisch verzichten möchten.

PRODUKT: Wie sehen Sie das Thema vegane Ersatzprodukte und Lebensweise? Was befürworten Sie? Und wo sehen Sie Herausforderungen?
Marcher:
Noch nie wurde über das Thema Ernährung so viel diskutiert wie heute. Oft besteht eine Spannung zwischen Personen, die Fleisch konsumieren und solchen, die sich für eine vegetarische oder vegane Lebensweise entscheiden. Die öffentlichen Diskussionen über Tierwohl, CO2-Abdruck auf der einen Seite und die Verwendung von hochverarbeiteten Zusatzstoffen für Ersatzprodukte auf der anderen Seite führen zu Missverständnissen und tragen wenig zur Klärung bei. Wir sehen Fleisch als ein äußerst wertvolles Nahrungsmittel, das vielfach zu Unrecht in der Kritik steht. Dass Fleisch im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung einen wichtigen Stellenwert einnimmt, steht für uns außer Zweifel. Diesem Aspekt wird unseres Erachtens in der öffentlichen Diskussion zu wenig Bedeutung beigemessen. Es geht in der momentanen Diskussion um nachhaltige Landnutzung auch komplett unter, dass Rinder aus dem für den Menschen ungenießbaren Gras hochwertigstes Eiweiß in Form von Milch und Fleisch produzieren. Auch in Österreich sind viele Grünlandflächen nicht sinnvoll als Ackerflächen nutzbar und nur mit Weidevieh überhaupt zu bewirtschaften. Trotzdem haben unsere Ersatzprodukte ihren fixen Platz in unserem Sortiment eingenommen und können sich trotz eines sehr kompetitiven Markts gut behaupten. Wir sehen hier aber bereits einen Nachfrage-Peak erreicht – diese Range macht einen sehr niedrigen einstelligen Prozentsatz am Gesamtumsatz aus. Vor allem kommunikativ kommt diesem Segment eine enorme Bedeutung zu, der Umsatz kann damit nicht mithalten.

PRODUKT: Die Fleischbranche wird gerne unter Generalverdacht gestellt – warum ist das aus Ihrer Sicht nicht gerechtfertigt?
Marcher:
Die Art und Weise, wie Nutztiere gehalten werden, kennen die meisten Menschen nicht mehr aus eigener Wahrnehmung und sie sind deshalb auf Bilder angewiesen. Diese schwanken zwischen den Extremen der werblichen Idyllisierung und verstörenden Bildern von groben Missständen. Beides entspricht nicht der durchschnittlichen Realität in unseren Stallungen und polarisiert. Ein emotional geführter Diskurs ist hier in aller Regel zur Findung von lösungsorientierten Kompromissen wenig hilfreich. Die Nutztierhaltung muss eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz finden. Viele Landwirt:innen sind auch bereit, dafür nötige Investitionen zu tätigen – etwa bei der Abschaffung von Vollspaltenböden – sie sind jedoch im Unklaren darüber, welches konkrete Stallkonzept auch in zehn bis 20 Jahren den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen wird. Hier gilt es möglichst kurzfristig Klarheit herzustellen und Landwirt:innen bei ihren Stallbaubemühungen sowohl finanziell wie auch in den Genehmigungsverfahren zu unterstützen.

PRODUKT: Was sollten wir – als Gesellschaft, Medien, Handel – bei der Diskussion um eine pflanzenbasierte Ernährung unbedingt mitdenken?
Marcher:
Insgesamt sollten wir die Diskussionen um unterschiedliche Ernährungsweisen differenziert führen und sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte jeweils berücksichtigen. Das setzt jedoch voraus, dass man sich ernsthaft, wissensbasiert und objektiv mit der Thematik befasst. Diese Herangehensweise würden wir auch von Medien erwarten, nämlich wissens- und faktenbasiert zu publizieren.