Ran ans Vleisch

Zum Verwechseln ähnlich: das neue „planted. Steak“

Auch wenn, gemessen am tierischen Segment, die Um- und Absätze von pflanzenbasierten Fleisch-Ersatzprodukten immer noch relativ gering sind: Die Zuwachsraten sind sehr vielversprechend. Eine immer breitere Auswahl und verbesserte geschmackliche Qualitäten verschaffen dem Bereich zusätzlich Aufschwung.

Eines ist gewiss: Die Aufmerksamkeit, die dem Thema „vegane Fleischersatzprodukte“ im LEH zuteil wird, ist um ein Vielfaches größer als die tatsächlichen aktuellen Umsätze. Die RollAMA etwa weist pflanzenbasierten Alternativen lediglich einen Wertanteil von 1% in der Kategorie „Fleischprodukte inkl. pflanzlicher Produkte“ zu, 99% gehen demnach an die tierischen Pendants. Allerdings: Die Zuwächse der letzten Jahre machen klar, dass das Thema viel Potential mitbringt: Von 2018 bis 2023 ist die Anzahl pflanzlicher Ersatz-Produkte von 423 auf über 900 Artikel gestiegen, wertmäßig hat sich das Segment verdoppelt, genauso wie hinsichtlich der abgesetzten Menge (RollAMA, GfK 2024). Nielsen beziffert den Umsatz mit Plant-based-Fleisch-Produkten im gekühlten Bereich für 2023 schließlich auf 43,9 Mio. €, was einem Plus von 14,9% vs. Vorjahr entspricht (Nielsen KW 52/2023). 

Motive.

Parallel zu dieser Entwicklung sinkt der Fleischkonsum in Österreich (zwar nur) langsam, aber stetig. Wurden 2007 noch 66,8kg pro Kopf und Jahr verspeist, waren es 2023 nur noch 58,6kg. Im globalen Durchschnitt liegt Österreich damit aber immer noch im absoluten Spitzenfeld: Nach Angaben von Our World in Data wurden 2021 weltweit durchschnittlich rund 42kg Fleisch pro Kopf im Jahr konsumiert. Die Auswirkungen für das Klima, der Wunsch nach mehr Tierwohl und die eigene Gesundheit führen jedenfalls dazu, dass immer mehr Verbraucher:innen tierische Lebensmittel hinterfragen, einschränken oder sogar ganz darauf verzichten. Lt. Smart Protein Report leben mittlerweile 15% der Österreicher:innen fleischfrei (vegan, vegetarisch oder pescetarisch) und etwa 40% bezeichnen sich als Flexitarier und reduzieren ihren Fleischkonsum ganz bewusst. 

Die Gesundheit.

Der veganen Lebensweise wird gerne zugeschrieben, dass sie gesund sei. Allerdings macht sich hier auch Skepsis breit, denn die Kategorie punktet nicht gerade mit Natürlichkeit und Manufaktur-Charakter, sondern, aufgrund ihres hohen Verarbeitungsgrades, eher mit Lebensmittel-Hightech. Sind die Produkte dadurch weniger günstig für die Gesundheit? Der VKI hat sich kürzlich eingehend mit dieser Frage befasst und nach 323 getesteten Produkten festgestellt, dass „unverarbeitetes Fleisch hinsichtlich des NOVA-Scores zwar deutlich bessere Ergebnisse liefert, aber sobald die Produkte verarbeitet sind, schneiden Ersatzprodukte (hinsichtlich NOVA und Nutri-Score) entweder besser oder gleich schlecht ab wie die tierischen Originale“ (konsument, Feb. 2024). 

Die Produkte.

Der Markt für vegane Ersatzprodukte ist keine Spielwiese mit Schönwetter für Herstellermarken, denn gerade hier sind die Marken des Handels überaus präsent. Dennoch: Viele Brands, die bei den Verbraucher:innen Popularität genießen, finden ihren Platz im hart umkämpften Regal und beleben das Segment mit Innovationen. 

Saftig.

Brandneu ist etwa das „planted. Steak“, das schmecken und garen soll wie ein „echtes“ Rinder-Filetsteak. Pascal Bieri, Co-Gründer: „Das Steak ist eine echte Innovation für die gesamte Kategorie. Kein anderes pflanzliches Steak weist solche Eigenschaften bei Saftigkeit und Textur auf wie unseres und kommt dabei ganz ohne Zusatzstoffe aus.“ Planted wächst seit der Gründung 2019 jährlich im hohen zweistelligen Bereich und ist Marktführer in der Schweiz. Bieri: „Unser Ziel ist es, diese Stellung auch in weiteren Märkten auszubauen.“ 

Würzig.

Seit 2017 ist Vegini am österreichischen Markt präsent. Vanessa Stelzer, Head of Marketing: „Wir können mit Stolz sagen, dass wir uns dank starker Partnerschaften positiv weiterentwickeln. Die grüne Revolution ist aus unserer Sicht nicht aufzuhalten.“ Aktuell steht der Launch einer neuen Bratwurst-Variante an, auch hier zielt man auf den Start der Grillsaison, die für pflanzliche Produkte eine gute Gelegenheit darstellt, die Umsätze anzukurbeln. 

Geschmackvoll.

„The Green Mountain“ (Hilcona) erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit am Markt, Albert Bamberger, National Key Account Manager Retail AT: „Unsere Marke wächst zweistellig, wird gut distribuiert, und wir konnten auch unsere Visibilität signifikant erhöhen. Das ‚The Green Mountain Hühnerfilet‘ ist z.B. der stärkste Markenartikel in der Kategorie.“ Mit viel Elan geht es auch hier in die warme Jahreszeit: Mit 1. April startet eine Grill-Kampagne mit Gewinnspiel und Verkostungen. 

Cremig.

Berger Schinken steigt jetzt mit einer „Preiselbeer Pastete“ ganz neu ins Segment ein. Rudolf Berger, GF: „Wir stehen auch weiterhin für Schinken und Fleisch. Aber wir nutzen unsere Kompetenz in diesem Bereich und weiten die Produktpalette um pflanzliche Produkte aus. Wir sind gespannt, wie groß das Potential in der nahen Zukunft ist, denn eine seriöse Vorhersage ist sehr schwer zu treffen.“ Als nächster Launch warten bereits pflanzliche Würstel auf ihren Start.

Praktisch.

Auf tierische Produkte zu verzichten ist insbes. unterwegs nicht immer einfach. Ungekühlt haltbare Snacks, wie z.B. die „Veggie“-Produkte aus dem Hause Handl Tyrol (siehe auch Interview auf Seite 48) oder der neue „Rügenwalder Mühlensnack Paulled Pork“ (Hotwagner), sind da willkommen. Wolfgang Hotwagner ist mit der Entwicklung des Bereichs zufrieden: „Die Absätze in unserem veganen Portfolio sind 2023 im hohen zweistelligen Bereich gewachsen.“ 

Nicht Fisch.

Nicht nur Fleisch, sondern auch Fischersatz ist ein Thema für das vegane Sortiment im LEH. Auch wenn diese Produktgruppe noch ganz am Anfang steht, Potential scheint sie zu haben. Bei Revo Foods sieht das CEO Robin Simsa folgendermaßen: „Pflanzlichen Produkten gehört die Zukunft, das ist ganz klar. Speziell bei Fisch kommt es durch Überfischung zu immer höheren Preisen und geringerer Verfügbarkeit. Es ist klar, dass es eine Alternative geben muss.“ Und tatsächlich, die Verbraucher:innen nehmen veganen Fischersatz durchaus an. So ist das stärkste Produkt der veganen Nestlé-Brand „Garden Gourmet“ der „Thun-Visch“ und auch die letzte Neuheit aus dem Hause Nestlé war mit dem „Marine-Style Crispy Filet“ ein Fischersatzprodukt. 

Fazit.

Das Segment Fleisch- und Fisch-Ersatzprodukte hat durchaus seine Berechtigung, was insbes. die steigenden Um- und Absätze eindrucksvoll beweisen. Skeptiker werden vermutlich über die Jahre – und mit steigenden Produktqualitäten sowie mit transparenten Informationen über Zutaten und Verarbeitung – überzeugt werden können.