Der Jogginghosen-Effekt

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Das Zusammentreffen der seit einigen Jahren zu spürenden Megatrends wie Nachhaltigkeit und Convenience mit der Corona-Pandemie und all ihren Begleiterscheinungen hat den Waschmittel-Markt massiv geprägt. Wir haben uns deshalb gefragt: Wie wäscht Österreich heute?

Es gibt seit letztem Jahr ja leider viele gute Gründe, daheim zu bleiben. Egal ob die Arbeit branchenbedingt ganz ausfällt oder von daheim erledigt wird – die Österreicher gehen es kleidungstechnisch seit März 2020 etwas legerer an als zuvor. Und ja, wir geben es zu – auch wir tragen im Home office nicht immer Kostüm und High heels. Ob das Outfit einen kleinen Fleck hat, ist vielen in diesen besonderen Zeiten auch nicht mehr ganz so wichtig wie früher. Sieht man doch beim Zoom-Meeting eh nicht. Gedanken wie diese haben dazu geführt, dass die Waschmaschinen letztes Jahr etwas seltener in Betrieb waren als normalerweise, und dieser Trend setzt sich logischerweise heuer (vorerst) so fort. „Covid-19 hat das Kaufverhalten im Waschmittelbereich verändert“, hält Birgit Fritz, Strategische Leitung Home & Personal Care bei Unilever Austria, fest. Am Markt für Universalwaschmittel sorgte dies 2020 für ein Umsatz-Minus in Höhe von 1,2%, Spezial-Waschmittel waren sogar um 5,7% rückläufig (Nielsen, 2020 vs. 2019). Blickt man noch genauer in die einzelnen Segmente des Universalwaschmittel-Marktes, so wird aber zugleich die Fortsetzung der großen Trends der letzten Jahre sichtbar: Während Gelprodukte (-0,8 Prozentpunkte) und Pulver (-1 Prozentpunkt) 2020 rückläufig waren, konnten vordosierte Varianten um 1,7 Prozentpunkte zulegen. Warum dies so ist, liegt auf der Hand: Die Konsumenten haben heute genug um die Ohren und sind dementsprechend offen für Caps, Pods u.Ä., die voll und ganz dem großen Wunsch nach mehr Convenience entsprechen: Das Waschmittel wandert ohne Dosieraufwand mit einem Handgriff direkt in die Trommel. Aber, und das ist möglicherweise vielen Konsumenten noch gar nicht bewusst, Waschmittel-Portionen bringen auch klare Nachhaltigkeits-Vorteile mit sich. Und diese sind den Verbrauchern derzeit so wichtig wie noch nie.

BITTE UMWELTFREUNDLICH. Im Rahmen einer von Henkel in Auftrag gegebenen Studie (durchgeführt von Ipsos Austria im September 2020) gaben 60% der Österreicher an, dass sie beim Einkauf von Wasch- und Reinigungsmitteln viel bzw. sehr viel auf Nachhaltigkeit achten. Noch beeindruckender wird dieser Wert, wenn man ihn der Vergleichsstudie von fünf Jahren zuvor gegenüberstellt: Damals war der Faktor Umweltschutz nämlich nur 40% besonders wichtig. Da liegt es nahe, dass die Hersteller auch die entsprechenden Vorzüge von Caps & Co. betonen: Diese punkten etwa durch die starke Kompaktierung. „Mit den Ariel All in 1 Pods“ spart man pro Waschladung 50% Verpackungsmaterial gegenüber Pulver und 20% gegenüber Flüssigwaschmittel“, betont etwa Björn Sievers, Director Brand Communications Fabric & Home Care bei P&G. „Im Fall der Standbodenbeutel sind es sogar 75% gegenüber ‚Ariel Flüssig‘.“ Zugleich sorgen kompaktierte Formulierungen auch für einen geringeren Platzbedarf beim Transport. „Die Folge: weniger Lkw-Kilometer und somit weniger CO2-Ausstoß“, so Sievers.


IM KREIS GEDACHT. Auch die Waschmittel-Verpackung und insbesondere deren Nachhaltigkeits-Performance steht zunehmend im Interesse der Verbraucher. Laut besagter Ipsos Studie ist es 52% der Österreicher wichtig, ein Gebinde aus 100% Recycling-Material zu erhalten – ein Wunsch, dem die Branche bereits umfassend nachkommt. So bietet Henkel etwa „Fewa“ und „Silan“ seit 2021 nur noch in Flaschen aus 100% Recycling-PET an (Ausnahme: Bei den 3L-Flaschen sind es 50%). Genauso wichtig ist es, dass die verwendeten Materialien wieder dem Recycling-Kreislauf zugeführt werden können – und diesbzgl. beeindrucken die Hersteller mit guten Nachrichten. „Bei den ‚Coral Allin1-Caps‘ setzen wir auf Aufbewahrungstubs, die mit dem Interseroh-Siegel für ausgezeichnete Recyclingfähigkeit ausgezeichnet wurden“, berichtet etwa Birgit Fritz über das Nachhaltigkeits-Engagement von Unilever und fügt hinzu: „Auch wenn es noch viel zu tun gibt, sind wir stolz darauf, dass wir 2020 im Dow Jones Sustainability Index erneut als Branchenführer ausgezeichnet wurden.“


GUT FORMULIERT. Nachhaltigkeits-Bemühungen finden freilich auch hinsichtlich der Inhaltsstoffe statt. Claro beispielsweise – das Unternehmen ist seit letztem Jahr auch am Waschmittel-Markt vertreten – setzt für die beiden Pulver-Varianten „Schneeweißchen“ und „Kunterbunt“ auf überwiegend mineralische Rohstoffe, weiters sind die verwendeten Tenside leicht biologisch abbaubar. Zugleich punktet das „claro Waschpulver“ auch mit seiner kompakten Art, die eine niedrigere Dosierung ermöglicht.
Eine umweltschonende Formulierung ist natürlich auch Erdal wichtig: „‚Frosch‘ als ein Öko-Pionier setzt auf naturbasierte Wirkstoffe aus europäischem Anbau“, berichtet Marketingleiter Alexander Litofcenko und meint weiter: „Schon heute können wir sagen, dass die Tenside in unserem ‚Frosch Weichspüler‘ zu 100% auf Raps- und Sonnenblumenöl basieren. Das Sonnenblumenöl stammt z.B. aus Österreich.“ Generell verfolgt man bei „Frosch“ den Cradle to Cradle-Ansatz, der dafür steht, Produkte von Anfang an so zu gestalten, dass sie nach dem Aufbrauchen problemlos in den biologischen Kreislauf zurückgeführt oder als Wertstoffe hochwertig wiederverwertet werden können. Darüber hinaus hat sich „Frosch“ ein Image als besonders schonende Marke erarbeitet, weshalb man letztes Jahr das Angebot an Waschmittel speziell für Baby- und Kleinkind-Textilien um das „Frosch baby Waschpulver“ erweitert hat.

KALT-WARM. Den größten Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck eines Waschmittels hat jedoch der Konsument selbst, denn er entscheidet über die Waschtemperatur und diese bestimmt die Ökobilanz tatsächlich maßgeblich mit. Dies ist den Konsumenten zu einem guten Teil bereits bewusst. 58% der Befragten gaben in genannter Ipsos-Studie an, Produkte zu bevorzugen, die bei niedrigen Temperaturen perfekt reinigen und somit auch Strom sparen. Ein Thema, das vielen Herstellern ein Anliegen ist und das etwa P&G aktuell unter dem Motto „Jedes Grad zählt“ weiter befeuert. So weist man die Konsumenten im Rahmen einer Kampagne für die „Ariel All in 1 Pods“ darauf hin, dass schon die Reduktion von 40 auf 30°C bis zu 35% Strom einspart. „Würden alle Haushalte bei 30°C waschen, würden wir pro Jahr 3,5 Mio. Tonnen CO2 einsparen“, so Björn Sievers, P&G. Gewaschen wird jedoch in Europa immer noch durchschnittlich bei 42,6°C – also schlicht zu heiß. 


WISSEN IST MACHT. Nötig wäre das schon lange nicht mehr, wobei dies auch der umfangreichen Forschungstätigkeit der Unternehmen zu verdanken ist. Henkel etwa investiert insgesamt rund 2,5% seines Umsatzes in Forschung & Entwicklung. „Denn“, so General Manager Jaroslava Haid-Jarkova, „die Produktleistung lässt sich immer verbessern, durch verbesserte Rezepturen oder durch neue Inhaltsstoffe.“ Und auch Birgit Fritz von Unilever betont: „Unilever investiert 1 Mrd. € in die Entwicklung von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln mit erheblich geringeren Umweltbelastungen.“ Eines der Ergebnisse dieser umfangreichen Forschungsarbeit: Künftig kommen bei Unilever nur Inhaltsstoffe aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen zum Einsatz. 


NEGATIV. Ein Thema, das (hoffentlich) kein langfristiger Megatrend wird, aber pandemiebedingt aktuell große Relevanz für die Verbraucher hat, ist Hygiene – und dies ist auch am Waschmittelmarkt spürbar. Das „Thema Hygiene prägt den Waschmittel-Markt derzeit stark“, ist Birgit Fritz von Unilever überzeugt. Der Launch von „Omo Hygienische Frische“ kommt da wohl gerade recht. Auch Reckitt Benckiser platziert dieser Tage eine passende Neuheit am Markt, nämlich den „Sagrotan Wäsche-Hygienespüler Himmelsfrische“, der 99,9% der Bakterien, Pilze sowie spezielle Viren (ja, auch Covid-19) bei einer Waschtemperatur von 20°C entfernt. Und gerade in Zeiten, wo dem Waschmittel eine so hohe Verantwortung zukommt, tritt zugleich eine weitere Entwicklung zutage. Henkel-General Manager Jaroslava Haid-Jarkova: „Bewährte, traditionsreiche Marken sind für die Konsumenten wichtiger geworden. Unsere Universalwaschmittel-Marken haben es YTD 2021 geschafft, Marktanteile zu gewinnen und noch stärkere Player auf dem Markt zu werden. Der höchste Anstieg des Marktanteils ist YTD 2021 bei ‚Persil‘ mit + 0,8%p auf 30,5% zu sehen.“


SO WÄSCHT MAN. Gewaschen wird heute also möglichst nachhaltig und zugleich am liebsten mit Produkten starker Marken, die den Aufwand gering halten. Der Wunsch nach Waschmitteln, die ein Hygiene-Plus versprechen, wird wohl ebenfalls am Markt noch ein Weilchen spürbar bleiben.