Naheverhältnisse erwünscht

Die österreichische Brotkultur ist einzigartig – ebenso sind es die Mehle, die die Bäcker einsetzen und die im Normalfall von nahen Mühlen kommen, die wiederum Getreide beziehen, das in der unmittelbaren Umgebung wächst. Eine sinnvolle Zusammenarbeit für alle Beteiligten.

Österreichisches Getreide, insbesondere Weizen, ist tatsächlich ausnehmend gut. Sein Proteingehalt eignet sich perfekt für Brot- und Backwaren, so perfekt, dass das Getreide auch international sehr gefragt ist und etwa nach Italien, in die Schweiz oder nach Deutschland exportiert wird. Die heimischen Bäcker sind also in Sachen Herkunft von jeher sehr regional orientiert. Und sie bekennen sich auch gerne dazu. Stefan Huemer, GF Produktion und Technik Fischer Brot, fasst zusammen, warum: „Wir verwenden grundsätzlich und ausschließlich Mehl und Getreide österreichischer Herkunft. Für das heimische Mehl spricht sowohl die Qualität als auch das Thema Nachhaltigkeit, schon wegen der Logistik, und auch wegen der Erhaltung der landwirtschaftlichen Flächen bzw. unserer Bäuer:innen.“ Und auch in Richtung Handel und Endkund:innen ist „Österreich“ ein gewichtiges Argument. Huemer: „Einerseits verlangen das teilweise unsere Kund:innen, andererseits halten wir Regionalität und Nachhaltigkeit für wesentliche und wichtige Wettbewerbsfaktoren für die Entwicklung unseres Unternehmens.“

Ausschließlich.

Bei Kuchen Peter in Hagenbrunn, ebenso wie Fischer Brot einer der wichtigsten Lieferanten des Handels, hat man die österreichische Herkunft gar zum Gesetz erhoben. Edwin Tomanek, Vertriebs- und Marketingleiter: „Die Verarbeitung von ausschließlich österreichischem Mehl ist für uns Unternehmensgesetz. Einige unserer Vorlieferfirmen sind international tätig und würden bei der Verarbeitung daher aus Kostengründen nicht immer zu 100% österreichische Mehle verwenden. Hier machen wir jedoch keine Kompromisse. Die Herkunft Österreich ist für Kuchen Peter alternativlos.“ 

Sicherheit.

Und noch ein Argument führen die Bäcker des Landes für österreichisches Mehl ins Treffen: die Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit auch in Krisenzeiten. Tomanek erklärt: „Die sich stellenden Herausforderungen hinsichtlich Rohstoffe und Landwirtschaft sind auch unser ,täglich Brot‘. Die jährlichen internationalen Getreide-Ernteergebnisse betreffen uns unmittelbar. Obwohl wir nur österreichisches Mehl verarbeiten, wird der Preis von vielen internationalen Faktoren beeinflusst. Speziell die letzten Jahre haben die unterschiedlichen und weitreichenden Abhängigkeiten offengelegt.“ Und Tina Schrettner, Marketingleitung bei Ankerbrot, ergänzt: „Wie wir aus der jüngsten Vergangenheit gelernt haben, können durch Krisen wie dem Ukraine-Krieg oder Klimaauswirkungen wie Überschwemmungen bzw. Trockenheit die weltweiten Märkte sehr rasch an Versorgungsengpässe kommen und die Preise explodieren dann entsprechend. Umso wichtiger ist es, auf österreichische Qualität in der unmittelbaren Umgebung zu setzen.“

Regional.

Das Land der Berge ist aber auch ein kleines Land und oft heißt daher „unmittelbare Umgebung“ nicht immer 100% „Österreich“. Etwa bei Ölz, der Meisterbäcker, der ganz im Westen des Landes pro Tag 200.000kg Mehl verarbeitet und somit der größte heimische Bäcker ist. Daniela Kapelari-Langebner, GF Vertrieb und Marketing: „Natürlichkeit und Regionalität sind für uns zwei elementare Faktoren bei der Auswahl der Zutaten für die Backwaren. Um die Transportwege möglichst kurz zu halten, bezieht Ölz das Qualitätsmehl von Mühlen vorwiegend aus der Bodenseeregion bzw. dem süddeutschen Raum. 85% des Mehls treffen innerhalb von 90 Minuten Transportweg in den beiden Bäckereien am Standort Dornbirn ein.“ Womit wir wieder bei der engen und sinnvollen Zusammenarbeit von Landwirten, Mühlen und Bäckern in einer Region angelangt sind. 

Wechselwirkung.

Ob aus Österreich oder dem nächsten Nachbar, eines liegt zumindest in der Theorie auf der Hand: Bäcker und die Getreidebäuer:innen sind im Normalfall eng miteinander verbunden. Auch wenn in der Praxis natürlich Lagereien und Mühlen direkte Kontakte selten machen, fruchtbare enge Partnerschaften gibt es dennoch. Etwa bei der Backwelt Pilz, die im Waldviertel beheimatet ist – dem wichtigsten Anbaugebiet für Roggen – und diesen Rohstoff wann immer möglich auch von hier bezieht. Zudem setzt man sich gemeinsam mit den Landwirten und der Mühle in einem Projekt für mehr Bodengesundheit durch natürlichen Humus-Aufbau ein. Johannes Pilz, GF: „Als verlässlicher Partner mit Handschlag-Qualität bauen wir gemeinsam mit unseren Lieferanten auf langfristige, beiderseitig faire und nachhaltige Kooperationen.“

Biologische Impulse.

In den letzten Jahrzehnten hat sich aber vor allem auch die Nachfrage der Bäcker nach Bio-Rohstoffen deutlich auf die Landwirtschaft ausgewirkt. Andrea Unger Posch, Marketingleitung bei Ströck, erzählt zum Beispiel: „Unsere Anbaufläche für Bioweizen hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt: 1.100 Hektar sind dazugekommen, das entspricht etwa 1.570 Fußballfeldern oder etwa drei Fußballfeldern pro Woche. Die Anbaufläche des Bio-Weizens ist mittlerweile fast doppelt (!) so groß wie die des konventionellen. Beim Roggen, von dem wir weniger verbacken, sind es auch immer noch 700 Hektar mehr Bio-Anbaufläche oder knapp zwei Fußballfelder pro Woche.“ Somit kurbeln Bäcker natürlich auch dieses Thema kräftig an. Bei Haubis erzählt uns GF Anton Haubenberger: „Unabhängig von Größe und Struktur sind wir auf Produktionsbetriebe in der Umgebung zugegangen und haben von unseren Wünschen erzählt. Hier von einer Getreidesorte wie dem Waldstaudenroggen, der für Österreich einst traditionell und irgendwann Mangelware war. Dort von unserer Vorstellung einer idealen Kreislaufwirtschaft, die mit unseren ersten Fixabnahmen für Bio-Getreide begann und heute immer weitere Früchte trägt.“ 

Miteinander.

Die Rechnung in Sachen Brot und einem verlässlichen, guten und nachhaltigen Getreide-Anbau kann man aber nicht ohne die Verbraucher:innen machen. Haubenberger: „Die Verantwortung hinsichtlich Rohstoffe liegt nicht ausschließlich bei den produzierenden Betrieben, sondern auch beim Konsument:innen. Ein überlegter Einkauf fördert österreichische Produktionsbetriebe, vom Bauernhof bis hin zur Bäckerei.“

Österreichisches Mehl und griechische Oliven passen bei Kuchen Peter brot-al gut zusammen.
Ob Croissant oder Kipferl, das Getreide für die Spezialitäten kommt bei Anker von hier.
Ströck heizt mit seinem Bio-Sortiment den Bio-Getreideanbau in Österreich an.
Mit österreichischer Butter und Getreide aus Mühlen in der unmittelbaren Umgebung.
Bio-Brote von Haubis fördern die Bio-Landwirtschaft.