Vleischfreie Alternativen

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Kommunikations- und Markenarbeit ist gerade dann von entscheidender Bedeutung, wenn Produkte in der Aufbauphase sind oder ein Nischensegment darstellen. Ein Beispiel sind die Ranges an vegetarischen Fleischersatzprodukten.

Der Fleischersatz-Markt hat sich über die letzten Jahre sehr positiv entwickelt, von 2018 auf 2019 gab es einen Wachstums-Sprung von +22,4% (Nielsen, Soja/Vollwert Fleischersatz gekühlt, LH exkl. H/L, Umsatzveränderung, FY 2019 vs. 2018). „Unsere Marke ‚Garden Gourmet‘ spielt hierbei eine treibende Rolle“, freut sich Isabella Kratzer, Brand Managerin der Nestlé-Marke. Mit einem Wachstum von +88,6% im Gesamtjahr 2019 sowie einer Entwicklung von +137% zu Beginn des aktuellen Jahres (Nielsen, Soja/Vollwert Fleischersatz gekühlt, LH exkl. H/L, Umsatzveränderung Garden Gourmet, FY 2019 vs. 2018 bzw. YTD KW08 2020 vs. 2019) hat man wirklich allen Grund zur Zufriedenheit.

Aufbauphase.

Eine treibende Kraft ist die im letzten Jahr gelaunchte „Garden Gourmet Incredible“-Linie, bestehend aus Burger und Faschiertem auf Sojaprotein-Basis. Aktuell wird das Sortiment um die „Garden Gourmet Incredible Bratwurst“ ergänzt – eine rohe, vegane Bratwurst, rein pflanzlich und reich an Proteinen, geeignet für Grill und Pfanne. „Da sich dieses Segment gerade in der Aufbauphase befindet, ist es wichtig als Marke kompetent zur Seite zu stehen und für die unterschiedlichen Verzehrmöglichkeiten wohlschmeckende Produkte anzubieten. Durch Rezeptideen und ansprechende Foodshots möchten wir inspirieren und vor allem zeigen, dass die Veggie-Küche vielfältig, abwechslungsreich, geschmackvoll und wohltuend ist“, schildert Kratzer. „Zum einem setzen wir sehr stark auf digitale Medien, zum anderen haben auch die klassischen Medien eine große Bedeutung“, so Kratzer. Auch bei der jährlichen Markenartikelkampagne war die Nestlé-Marke heuer mit an Bord.

Markenbotschafter.

Marktführer im Segment der Fleischalternativen ist die Landhof-Marke „die Ohne“ (Marcher Gruppe), und die  ist in nahezu allen namhaften Supermarkt- und Diskontketten vertreten, vielfach jedoch auch unter deren Handelsmarken. „Interessant ist, dass ‚die Ohne‘ die aufwendigste Marke im Community-Management ist – nirgendwo wird so viel diskutiert wie bei fleischloser Wurst“, bestätigt man auch bei Marcher einen erhöhten Kommunikationsbedarf: „Wir versuchen mit sehr großem Aufwand trendige, stylische Produktaufnahmen mit unserer Markenbotschaft zu kombinieren, die da lautet: Wir sind für alle da, die mal auf Fleisch verzichten wollen.“ Zum Vegetarismus will man niemanden bekehren, sondern beruft sich als fleischverarbeitendes Unternehmen auf seine Kompetenz: Man biete „die Ohne“ als zusätzliches Segment an, weil man weiß, wie Wurst schmecken muss. Ernüchternd fallen hingegen die Ergebnisse von einer in Auftrag gegebenen Marktforschung aus. 50% der befragten 1.000 Personen würden Fleischersatzprodukte nie kaufen. Von den verbliebenen 50% halten es immer noch über 30% für eine „mittelmäßige Bereicherung“. „Fleischersatzprodukte sind eine sinnvolle Ergänzung unseres Sortiments, werden aber nie in der Bedeutung an unser Stammgeschäft – die Produktion von Fleisch- und Wurstwaren – heranreichen“, ist man bei Marcher überzeugt. Das fleischlose Segment (inkl. Handelsmarken) mache ca. 1% vom Gesamtumsatz aus, Tendenz leicht steigend. Und was gibt es Neues in der Produktentwicklung? Ab Juni wird „die Ohne“ palmfettfrei hergestellt. Auch wenn man bisher hier auf zertifizierte Hersteller zurückgriff, setzt man nun gänzlich auf Sonnenblumenöl.

Seitling im Saitling.

„Unsere Marke steht für Genuss an fleischfreien Tagen. Wir wollen Fleischesser davon überzeugen, dass man für ein vollendetes Genusserlebnis nicht unbedingt Fleisch braucht. Aktuell arbeiten wir dafür mit dem Claim ‚Richtig schlemmen‘“, schildert Hermann Neuburger (GF Hermann & Neuburger). Für einen Fleischermeister eine eher fremd klingende Aussage, wie Neuburger selbst einräumt, doch offenbar eine Herzensangelegenheit des Familienunternehmens. Denn mit der „Hermann“-Linie wurde eine Innovation geschaffen. Kein anderes Unternehmen verarbeitet Pilze in dieser Art und Weise. Mittlerweile verfügt man über ein europaweites Patent, die verwendeten Bio-Kräuterseitlinge werden selbst gezüchtet. Neuerdings wird auch das Substrat, auf dem die Pilze wachsen, selbst hergestellt. „Hätten wir dies nicht getan, könnten wir aufgrund der hohen Pilz-Nachfrage am Markt die Herstellung unserer Produkte nicht mehr sicherstellen“, erzählt Neuburger. Denn die steigt nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland. Zu Beginn des Jahres gab es übrigens eine Erweiterung des fleischfreien Sortiments. Erhältlich sind nun auch „Hermann Schnitzel ohne Fleisch“ sowie „Faschiertes ohne Fleisch“, ebenso auf Kräuterseitling-Basis und mit der bewährten kurzen Zutatenliste.

Roh-Produkte.

„Der Markt der pflanzlichen Lebensmittel ist mitten in einem massiven Wandelungsprozess von der Nische hin zum Mainstream, von der veganen Ecke hin ins Fleischregal“, sagt Andreas Gebhart (GF VeggieMeat): „Wir erleben einen krassen Boom, der nicht zuletzt aufgrund großer Hersteller und deren enormen Marketingbudgets den Markt beleben.“ Erbsenprotein dient als Rohstoffbasis der VeggieMeat-Marke „vegini“. Neu am Markt ist eine Roh-Produkt-Range, bestehend aus „vegini Burger“, „Gehacktes“ und „Bratwurst. Das Unternehmen freut sich über sehr gute Wiederverkaufsraten, 2018 konnte der Umsatz verdreifacht und 2019 verdoppelt werden. Neben Österreich werden die „vegini“-Produkte in den wichtigsten Märkten Europas und den USA abgesetzt. „Niemand will und wird Fleisch verbieten, jedoch wird es bei der bis 2050 auf ca. 10 Mrd. steigenden Weltbevölkerung Alternativen brauchen. Diese Alternativen werden in Zukunft so normal sein wie unser täglich Brot“, ist Gebhart überzeugt. 

Tropisch.

Lotao hingegen setzt mit der „Jackfruit“ auf eine tropische Frucht als Ersatz für Fleisch. „Unser Schwerpunkt liegt auf der Presse-Arbeit. Mit den Vorteilen der Jackfruit wird nach und nach eine breitere Öffentlichkeit vertraut. Aber es gibt hier noch viel Informationsbedarf“, sagt Lotao Key Account Manager, Jens Pöhnisch. „Lotao hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmittel aus dem asiatischen Raum zu entdecken, zu veredeln und einem breiten Publikum in Europa vertraut zu machen“, so Pöhnisch. Im Frische-Bereich setzt man auf Bio-Salate wie „Flying Jack“ und „Spicy Jack“. Mehr tut sich in anderen Bereichen, hier gibt es z.B. „Veganes Hack“ im Trockensortiment oder „Veggie Balls“ als Tassen-Schnellgericht.